kassepostutorial

Darf's ein bisschen mehr sein? Mit Shopify Produkte verkaufen, die nach der Bestellung gewogen werden.

Darf's ein bisschen mehr sein? Mit Shopify Produkte verkaufen, die nach der Bestellung gewogen werden.
Foto von Piret Ilver auf Unsplash
Nicht jeder online angebotene Artikel wird nach Stück verkauft, und bei nach Gewicht verkauften Artikeln steht das Gewicht nicht immer schon zum Zeitpunkt des Kaufs fest. Dieser Artikel zeigt auf, wie man mit Shopify Produkte verkaufen kann, die erst nach der Bestellung gewogen werden.

Im stationären Einzelhandel gibt es jede Menge Beispiele für Geschäfte, die ihre Waren individuell verwiegen und dann genau nach Gewicht abrechnen. Im Supermarkt zahlt man z. B. für viele Obst- und Gemüsesorten nach Gewicht, ebenso beim Metzger für Fleisch und Wurst, beim Bäcker wird der Preis von Brot überlicherweise pro Kilogramm berechnet.

Das Problem im Onlineshop: Der Kunde kauft einen Artikel zum angebotenen Festpreis, der tatsächliche Preis steht aber erst nach dem Kauf fest, wenn der Händler die Ware gewogen hat. Nur sehr selten wird der tatsächliche Preis dann dem gezahlten entsprechen, also z. B. wenn ein Kunde 500 g Rinderfilet kauft, wird man selten genau diese 500 g abwiegen können. Je nach tatsächlichem Gewicht wird man die Bestellung also im Nachhinein anpassen und dem Kunden das Mehrgewicht berechnen wollen bzw. ein Mindergewicht erstatten müssen.

Um solch ein Szenario mit Shopify abbilden zu können, gibt es mehrere Möglichkeiten. Nehmen wir mal an, Sie betreiben einen Shop, in dem Sie Käse am Stück verkaufen, und zwar nicht schon fertig abgepackt, sondern individuell gewogen.

Option 1: Verkauf in festen Mengen

Bei dieser Herangehensweise verkaufen wir unseren Käse in festen Mengeneinheiten, also z. B. 50 g, 100 g, 150 g, 200 g, usw. Die angebotenen Gewichte sind als Varianten angelegt, Kunden können also nur aus diesen vorgegebenen Mengen wählen. Nehmen wir nun an, eine Kundin bestellt 100 g Käse. Je nachdem, ob wir nun nach der Bestellung mehr oder weniger als bestellt verwiegen, müssen wir unterschiedlich vorgehen.

Tatsächliches Gewicht ist höher als bestellt (Mehrmenge)

Die Kundin hat 100 g Käse bestellt und beim Verwiegen des Käses kommen Sie auf ein tatsächliches Gewicht von 112 g. Die Mehrmenge wollen Sie der Kundin nun in Rechnung stellen.

Hierzu öffnen Sie in Shopify die jeweilige Bestellung und klicken dann oben auf Bearbeiten.

Shopify Bestellung bearbeiten Menupunkt

In der zum Bearbeiten geöffneten Bestellung klicken Sie nun auf Benutzerdefinierten Artikel hinzufügen.

Bestellung bearbeiten - benutzerdefinierten Artikel hinzufügen

Das Formular für den benutzerdefinierten Artikel füllen Sie dann wie folgt aus und klicken in dem Dialog dann auf Fertig:

Bestellung bearbeiten - benutzerdefinierten Artikel hinzufügen

Nachdem Sie den benutzerdefinierten Artikel hinzugefügt haben, klicken Sie auf Rechnung senden.

Bestellung bearbeiten - Rechnung senden

Die Kundin erhält dann eine E-Mail mit einem Link, über den Sie den Differenzbetrag begleichen (bzw. bei nicht automatischer Zahlungserfassung autorisieren) kann. Bis zur Begleichung (bzw. Autorisierung) wird in der Bestellung der noch offene Betrag in rot ausgewiesen. Hat die Kundin die Zahlung abgeschlossen, werden Sie per E-Mail informiert, damit Sie die Bestellung für den Versand vorbereiten können.

Optional: Keine Nachberechnung von Mehrmengen

Wenn Ihnen der Aufwand für die Nachberechnung (vor allem bei Kleinbeträgen) zu hoch ist, können Sie natürlich auch darauf verzichten, Mehrmengen zu berechnen. Wenn Sie sicherstellen können, dass Kunden immer mindestens die bestellte Menge erhalten, werden Sie sicher keine Beschwerden erhalten. Sie müssen dann nur sicherstellen, dass die Mehrmenge sich in Grenzen hält, um ihre Margen nicht allzu sehr anzugreifen. Dabei steht es Ihnen natürlich auch offen, diese Mehrmengen von vorneherein pauschal einzupreisen.

Tatsächliches Gewicht ist geringer als bestellt (Mindermenge)

Es kann natürlich genau so gut vorkommen, dass Sie beim Wiegen des Artikels nicht ganz die 100 g erreichen, die die Kundin bestellt hat. Je nach Produkt kann es schwierig sein, die Mindermenge durch eine entsprechende Zugabe von nur wenigen Gramm auszugleichen. Oder vielleicht haben Sie auch nur noch dieses eine Stück übrig und das wiegt leider nur 92 g. Da Sie aber mindestens die bestellte Menge liefern müssen, müssen Sie der Kundin für die Mindermenge eine Teilerstattung schicken.

Hierzu gehen Sie wie folgt vor: Öffnen Sie im Shop-Admin die Bestellung und klicken Sie dann auf Zurückerstatten.

Bestellung zurückerstatten

Geben Sie im Freifeld den berechneten Rückerstattungsbetrag ein und klicken Sie dann auf Erstatten.

Rückerstattung

Die Kundin wird über die Erstattung per E-Mail informiert und der Erstattungsbetrag wird dem beim Kauf verwendeten Zahlungsmittel gutgeschrieben. Wenn das Zahlungsmittel keine Gutschriften/Erstattungen zulässt (wie z. B. bei Sofortüberweisung), müssen Sie die Erstattung u. U. manuell veranlassen. Zahlt die Kundin auf Rechnung, erstellen Sie die Rechnung einfach mit dem geänderten Gesamtbetrag.

Informieren Sie Ihre Kunden

Wenn Sie sich für diese Option entscheiden, sollten Sie Ihre Kunden deutlich informieren, wie die Preise und Mengenangaben zu verstehen sind. Kunden muss zum Zeitpunkt des Kaufs unmissverständlich klar sein, dass die bestellte Menge unverbindlich ist und nach dem Wiegen eine Minder- oder Mehrmenge entstehen kann, die dem Kunden entsprechend erstattet oder nachbelastet wird. Sie sollten auch angeben, um wieviel das tatsächliche Gewicht vom bestellten maximal abweichen kann.

Denken Sie auch daran, Ihre AGB um entsprechende Regelungen zu ergänzen. Bei der konkreten Ausformulierung entsprechender Texte sollten Sie sich an eine Anwaltskanzlei oder Ihren Rechtstexte-Anbieter wenden.

Option 2: Freie Gewichtseingabe

Wenn feste Bestellmengen Ihnen zu unflexibel sind und sie exakte Mengen wiegen können, ist eine freie Eingabe des Produktgewichts durch den Kunden ggf. eine Option. Das funktioniert natürlich nur, wenn Sie die vom Kunden eingegebene Menge auch tatsächlich exakt abwiegen können, wie z. B. bei Kaffee, Flüssigkeiten, etc. Bei unserem vorigen Beispiel mit dem Käse dürfte das schwierig werden, daher bietet sich für nur grob wiegbare Waren eher die erste Option an.

Bei dieser Vorgehensweise verwenden Sie das Eingabefeld für die Menge zur Eingabe des Gewichts. Ein Stück des Produkts entspricht also z. B. 1 Gramm und wenn der Kunde 50 g des Produkts will, legt er 50 Stück des Produkts in den Warenkorb.

Damit das funktioniert, muss Ihr Shop an diversen Stellen angepasst werden. Z. B. muss die Darstellung der Preise für diese Produkte im Theme, den Benachrichtigungsvorlagen, Rechnungsvorlagen, etc. entsprechend angepasst werden. Die Berechnung der Grundpreise muss ebenfalls angepasst werden.

Hinzu kommt, dass es bei kleinen Einheiten wie 1 Gramm zu Rundungsproblemen kommen kann, weil der Produktpreis ja auf diese kleinste Einheit heruntergerechnet werden muss. Das führt meist zu mehr als 2 Nachkommastellen, im Shop-Admin können Sie aber nur 2 Nachkommastellen eingeben. Und dann hat diese Vorgehensweise noch den Nachteil, dass technisch bedingt im Checkout für derartige Produkte immer die tatsächlichen Mengen angezeigt werden, was auf Grund der i. d. R. recht hohen Zahlen (z. B. 100 für 100 g) Kunden irritieren könnte, vor allem, wenn so konfigurierte Produkte zusammen mit anderen Produkten, die nach Stück gekauft werden, im Warenkorb liegen.

Auf Grund der o. a. Nachteile, des relativ hohen Aufwands zur Implementierung und potenziellen Nebenwirkungen im Zusammenspiel mit Apps, Shop-Funktionen (z. B. Sortierung nach Preis) und externen Verkaufskanälen wie Amazon, Google oder Facebook ist von dieser Vorgehensweise außer in speziellen Szenarien eher abzuraten.

Einige Grundsätzliche Überlegungen zum Abschluss

Je nachdem, welche Art von Produkten Sie verkaufen, wie sich Ihr Sortiment ingesamt zusammensetzt und welche Zahlungsarten Sie in Ihrem Shop anbieten möchten, sollten Sie folgende Aspekte in Ihre Überlegungen, wie Sie mit dieser Art Bestellungen umgehen, einbeziehen.

Zahlungsarten

Verschiedene Zahlungsarten verursachen verschiedene Transaktionsgebühren, eine Übersicht der bei Shopify anfallenden Gebühren finden Sie hier. Während Shopify für alle elektronischen Zahlungsarten wie Shopify Payments, Kreditkarte, PayPal, etc. Gebühren erhebt, sind manuelle Zahlungsarten wie Vorkasse-Überweisung und Rechnung (nicht Klarna Rechnung) gebührenfrei.

Dabei ist es wichtig zu wissen, dass Shopify Transaktionsgebühren grundsätzlich nicht erstattet. Wenn Kunden also Bestellungen stornieren oder wenn Sie wie oben beschrieben Teilerstattungen auslösen, reduziert das nicht die an Shopify zu zahlenden Gebühren. Diese werden immer auf den ursprünglichen Gesamtbetrag der Bestellung erhoben (Ausnahme siehe nächsten Abschnitt).

Einstellungen zur Zahlungserfassung

Elektronische Zahlungen sind üblicherweise zweistufig: Zunächst wird eine Zahlung eines bestimmten Betrags autorisiert, d. h. der Händler erhält vom Kunden die Erlaubnis, das Zahlungsmittel (also z. B. die Kreditkarte) mit einem bestimmten Betrag zu belasten. Dabei ist dieser Betrag ein Maximum, die tatsächliche Belastung kann auch geringer sein.

Im zweiten Schritt erfolgt dann erst die tatsächliche Belastung des Zahlungsmittels, wir sprechen hierbei von der Zahlungserfassung (engl. capture). Im Moment der Zahlungserfassung "fließt" erst Geld vom Zahlungsmittel des Kunden auf das Konto des Händlers (wobei Konto hier nicht unbedingt das Bankkonto meint, sondern das Konto des Händlers bei seinem Gateway-Betreiber, der die Zahlung einzieht). Bei den meisten Zahlungsanbietern gibt es für die Zeit zwischen Autorisierung und Erfassung Fristen, bei PayPal sind das z. B. 29 Tage. Versucht man darüber hinaus eine autorisierte Zahlung zu erfassen, schlägt diese u. U. fehl.

Normalerweise konfiguriert man einen Shopify Shop so, dass Zahlungen automatisch erfasst werden. Das erspart einem die manuelle Erfassung jeder einzelnen Zahlung, denn diese Einstellung kann nur Shop-weit vorgenommen werden und gilt damit für alle Bestellungen. Je nach Szenario kann es aber sinnvoll sein, Zahlungen manuell zu erfassen.

Kommt es bei einer signifikanten Anzahl der Bestellungen in Ihrem Shop zu Minderbelastungen, d. h. belasten Sie den Kunden also z. B. wg. Mindermengen weniger als den Gesamtbetrag der Bestellung, hat die manuelle Erfassung von Zahlungen den Vorteil, dass die Gebühren, die Shopify berechnet, entsprechend geringer ausfallen. Shopify berechnet seine Gebühren nämlich erst zum Zeitpunkt der Zahlungserfassung und als Basis dient der tatsächlich erfasste Zahlungsbetrag.

Fazit

Der Verkauf gewogener Waren erfordert in jedem Fall mehr Aufwand bei der Bestellabwicklung. Zudem müssen Kunden klar und deutlich darüber aufgeklärt werden, wie die Bestellung solcher Produkte im Detail abläuft, damit es hier nicht zu unnötig abgebrochenen oder stornierten Käufen oder Beschwerden kommt.

Meistert man diese Hürden, erschließen sich für das Produktsortiment allerdings ganz neue Möglichkeiten, mit denen man sich ggf. auch von der Konkurrenz absetzen kann, deren Shopsystem mit solchen Produkten nicht umgehen kann. Interessant kann ggf. auch die Integration einer Waage sein, mit der man das Gewicht gewogener Produkte automatisiert in den Shop übertragen kann. Bei der Nachbearbeitung von Bestellungen kann ggf. auch eine App wie z. B. diese helfen. Für das bestmögliche Zusammenspiel aller Komponenten sollte hierfür aber Shopify POS eingesetzt werden, in Deutschland gibt es nach unserem Kenntnisstand derzeit aber noch keine kompatible Waage.

Weiterlesen

Shopifys URL-Struktur erklärt
Google Fonts bei Shopify lokal einbinden